QE
Titel: Geld spielt keine Rolle
Q.E. (Quantitative Easing - auf Deutsch: Quantitative Lockerung) bezeichnet eine expansive Geldpolitik, in der eine Zentralbank neues Geld druckt, um Staatsanleihen oder andere Wertpapiere zu kaufen und so die Wirtschaft anzukurbeln. Soweit zum Spieletitel. Und was genau spielen wir? „Die Spieler repräsentieren verschiedene Nationen, die in der Finanzkrise im Jahr 2008 Gebote abgeben, um systemrelevante Unternehmen zu retten, die zu groß sind, als das sie scheitern dürfen.“ Soweit der Klappentext aus der Spielregel.
„Warum bitte sollen wir ein Spiel mit so einem drögen Thema ausprobieren?“ Meine Spielerunde schaut mich entgeistert an. Aber ich setze mich mit dem Argument „dauert eh nicht lange“ durch. Zum Glück, denn sonst wäre uns ein völlig absurdes und geniales Versteigerungsspiel durch die Lappen entgangen.
Genau 16 kurze Versteigerungen umfasst eine Partie QE. Dabei bieten wir geheim, indem wir eine beliebige Zahl auf unsere Gebotstafel schreiben. „Was bedeutet beliebig? Wie hoch darf oder soll der Betrag denn sein?“ werde ich gefragt. Beliebig heißt beliebig, es darf 0 oder 5, 5300 oder 1.658.662 geboten werden. Nur der jede Runde wechselnde Auktionator schreibt sein Gebot offen auf und gibt damit zumindest eine Richtung vor. Ich bin als Erster dran, ein wertvolles Bauunternehmen aus China steht zum Verkauf. Ich selbst spiele China und erhalte extra Punkte für eigene Unternehmen. Und da ich zu Beginn schon geheim ein Bauunternehmen erhalten habe und viele gleiche Unternehmen ebenfalls belohnt werden, schreibe ich kühn 7.150 auf. Dann sammele ich die verdeckten Gebote meiner Mitspielerinnen ein. Nur ich erfahre, wer wie viel zahlen will. Die EU hat mit 9.999 das Höchstgebot abgegeben. Ich verkünde also, dass der EU-Spieler das Unternehmen erhält. Alle anderen wissen nur, dass sein Gebot höher als meine offenen 7.150 und höher als ihr eigenes Gebot gelegen haben muss. Auch bei der nächsten Versteigerung gehe ich leer aus, obwohl ich für das japanische Regierungsunternehmen sagenhafte 24.000 aufgeschrieben habe. Mit welcher irrwitzigen Summe hat wohl der Amerikaner den Zuschlag erhalten?
Das böse Erwachen bei QE erfolgt nach der letzten Versteigerung. Wer insgesamt am Meisten geboten hat, verliert auf jeden Fall. Wer am wenigsten geboten hat, sackt noch einmal wertvolle Siegpunkte ein. Entscheidend sind aber die Punkte für die ersteigerten Unternehmen.
QE verläuft völlig irrational und unberechenbar. Wir spielten sofort noch drei weitere Partien, denn das völlig simple aber verrückte Spiel hatte uns in seinen Bann gezogen. In einer Partie war kein Gebot höher als 10.000, in einer anderen wechselten Unternehmen für über 8 Millionen den Besitzer. Völlig egal, denn unsere Notenbanken drucken uns jeden beliebigen Betrag. Nur am Ende nicht am Meisten bezahlt und damit verloren haben – das ist alles was zählt.
Dieses völlig freie (und zumindest teilweise der Realität entsprechende) System muss man akzeptieren können. Die vorsichtigen Mitglieder unserer Runden, die sonst mit einem guten Mix aus Sparsamkeit und Überlegung oft Spiele gewinnen, verloren bei QE kopfschüttelnd eine Partie nach der anderen. Die Hasardeure, die mit aberwitzigen Summen um sich warfen, gewannen dagegen. Zumindest einer von ihnen, denn der größte Spekulant geht am Ende leer aus.
QE, von Gavin Birnbaum
Für 3-5 Spielerinnen ab 10 Jahren
Strohmann Games, etwa 35€
© Martin Wehnert 2023